Wenn man Haus, Arbeit und 3 unter 7 Jahren alt tobenden kleinen Ungeheuer zu verwalten hat, ist Zeit eine knappe Ware. Umso wichtiger ist es also für mich, sie gut zu investieren. Wenn Du auch keine 1.000 Bücher über Portraitmalerei lesen willst oder kannst, bevor Du das Richtige findest, biete ich Dir eine Abkürzung an. Diese Rezension vom „Kopfsache Portrait“ vom Christian Felder ermöglicht einen raschen Einblick im Buch (Hardcover, 216 Seiten, dpunkt.verlag, 2018). Nach der Lektüre weißt du hoffentlich dann, ob das das richtige Buch für Dich ist.

„Kopfsache Portrait“: Gliederung
Zuerst ganz sachlich zum Inhalt. Das Buch wird wie folgt nach der Introduktion aufgebaut:
- Material: das Basic über Bildträger, Stifte und Pinsel;
- Farbe: Farbeigenschaften, Farbharmonie und Farbperspektive (kein leichter Kost, aber lehrreich);
- Komposition: Aufbau des Bildes;
- Linie: Entstehung des Bildes, Linie und ihre Wirkung;
- Konstruktion: Geometrische Formen als Grundgerüst (hier kommen die Strichzeichnungen vor, die die meisten vom Zeichenkurs oder Tutorial kennen; der Kopf als Kreis und die Linien, die die Abstände zwischen Augen, Nase, Mund und Ohren bestimmen);
- Anatomie: Schädelknochen und Oberflächemuskulatur;
- Apparate: welche Apparate dem Künstler bei der Bilderreproduktion nützlich sind;
- Retinabild: wie das Auge so tickt und wie die Wahrnehmung von Flächen nützlich sein kann;
- Freestyle: der eigene Stil entwickeln;
- Anhang: ein Paar „davor-und-danach“ Bilder sowie Buchtipps.
So eine Auflistung ist zwar praktisch, damit man eine Idee davon hat, was man im Buch finden wird, ist allerdings staubtrocken. Anders als das Buch. Es ist unterhaltsam und leicht geschrieben, selbst da, wo das Thema knifflig wird. Darüber hinaus schlägt der Autor immer wieder Übungen vor, womit der Leser die Theorie umsetzen kann.
Wie man bei der Auflistung oben sieht, es geht nicht ausschließlich um Anatomie oder Schemen für den Aufbau eines Kopfes, sondern um das gesamte Programm, alles, was relevant für die Entstehung eines Portraits ist. Man bekommt Informationen, die generell nützlich für das Malen sind, aber immer mit einem Bezug auf dem Portrait. Wer also ausschließlich Schädelknochen und aufgeteilte Kreise sehen möchte, ist hier fehl am Platz. Wer mehr will, liegt hier richtig.
Kurz und knapp
Inhaltlich gute Bücher über Portraitmalerei gibt es einigen. Unterhaltsam sind manche auch. Gut illustriert sind viele. Aber eins, dass informativ, unterhaltsam und gut illustriert gleichzeitig ist, ist eher selten. Christian Felder gelingt das.
P.S.: Objektivität wird groß geschrieben wenn es sich um Buchrezensionen handelt, aber ein Blog darf ruhig subjektiv sein. Da dies zwar eine Rezension ist, jedoch in einem Blog erscheint, erlaube ich mir diesen Zusatz. Ich war von vielen kleinen liebevollen Details dieses Buches angetan. Eines davon war ein Teamfoto ganz am Anfang. Der Autor erklärt selbst, dass es ihm sinnvoller erschien, ein Teamfoto als ein Einzelbild von sich für „Kopfsache Portrait“ auszusuchen, da ein Buch nur als Teamarbeit entstehen kann. So sieht man ihm mit seinem Team samt Lebenspartnerin und Kind auf dem Bild. So eine Einstellung ausgerechnet bei einem Künstler! – diese Menschenkategorie, die überdurchschnittlichen Größenwahn nachgesagt wird. Ich weiss, das sagt ja nichts über die Qualität des Buches aus, aber… ist das nicht nett??